Suffizienzpolitik

Um es nicht der individuellen Motivation zu überlassen ein suffizientes Leben zu führen, ist es wichtig durch politische Maßnahmen suffiziente Lebensstile zu ermöglichen und zu bestärken (bzw. andere Handlungsoptionen unattraktiver werden lassen). Auf den folgenden Seiten sind Beispiele aufgeführt, wie Politik schon heute durch Veränderung von Rahmenbedingungen Suffizienz in unterschiedlichen Lebensbereichen fördern kann (s. auch Praxis).

Angelika Zahrnt und Uwe Schneidewind skizzieren Optionen für Suffizienzpolitik in ihrem Buch „Damit ein gutes Leben einfacher wird“. Hierbei gliedern Sie die Ansatzpunkte in: Orientieren, Rahmen, Gestalten und Ermöglichen. Die Orientierung soll von den oben schon genannten vier E’s von Wolfgang Sachs ausgehen. Rahmende Maßnahmen sind unter anderem neu zu entwickelnde Maße für Wohlstand um das Bruttoinlandsprodukt (BIP) abzulösen, Investitionen in Infrastrukturen die suffizientes Leben erleichtern, aber auch Veränderungen in Wettbewerbs- und Verteilungspolitik. Auch gestalterisch kann Politik heute schon Suffizienz in die Breite tragen. So kann Ernährungspolitik danach ausgerichtet sein Lebensmittelabfälle zu vermeiden, den Fleischkonsum, Fast Food und Fertigprodukte zu reduzieren. Durch Geschwindigkeits-begrenzungen, bevorzugte Car-Sharing Parkplätze oder durch geschickte Ampelschaltung kann der Autoverkehr unattraktiver und Alternativen damit gestärkt werden. Weitere Ansätze bestehen im Bereich der Stadtplanung, durch die die Innenstädte attraktiver und eine weitere Ausdehnung der Städte und damit langer Wege verhindert werden können. Doch um Menschen zu suffizienteren Lebensstilen zu befähigen, werden auch Veränderungen in der Arbeits- (z.B. kürzere Arbeitszeiten), Bildungs-, Gesundheits- (z.B. Vor- statt Nachsorge) und Verbraucherpolitik benötigt.

Jedoch ist die Diskussion um Suffizienzpolitik heute noch sehr kontrovers, vor Allem wegen des häufig im Zusammenhang mit Suffizienz angeführten Begriffes des „Guten Lebens“. Adrian Müller weist darauf hin, dass eine Politik mit Blick auf ein „Gutes Leben“ nicht kompatibel sei mit unserem heutigen Verständnis von Liberalismus. Jedoch sei eine Regulierung bzw. Einschränkung der Freiheit im Hinblick auf soziale Gerechtigkeit heute zu rechtfertigen. In diesem Sinne plädieren Uwe Schneidewind und Angelika Zahrnt für einen „Aufgeklärten Liberalismus“, der die Freiheit nicht im Sinne der Konsumfreiheit interpretiert, sondern beispielsweise auch die Einschränkung der Freiheit der Menschen ohne Auto (z.B. durch Lärm) durch den Straßenverkehr als solche wahrnimmt und versucht diese Freiheit mit der Freiheit der Autofahrenden abzuwägen.